Bani Abidi

Securtity Barriers A-L

12 Inkjetprints, 28 x 44 cm, 2008

Bani Abidi zeigt 12 unterschiedliche Modelle von Straßenbarrieren, deren Vorbilder sie in Karachi gefunden hat. Jede der Barrieren ist mit einem Buchstaben und mit der Bezeichnung des Standorts (u.a. diplomatische Vertretungen, öffentliche Gebäude) der realen Barriere versehen. Die alphabetische Klassifizierung verweist einerseits auf die symbolische Ordnung der Sprache und andererseits auf die symbolische Ordnung der Sicherheitssysteme. Dieses Alphabet der symbolischen Ordnung repräsentiert Symbole der Ausgrenzung, um hegemoniale Ansprüche zu schützen und zu garantieren. Bani Abidi analysiert koloniale und machtdominierte Strukturen reicher Gesellschaftsschichten und weist darauf hin, dass Absperrungen ausschließlich zum Schutz der Interessen und des Profits dieser Randgruppe installiert werden. Dieses Selbstverständnis einer ökonomisch privilegierten Bevölkerungsgruppe wird durch die mediale Verbreitung einer Kultur der Angst unterstützt.

Lebt und arbeitet in Karachi und Delhi

http://www.baniabidi.com


Claudia Aravena Abughosh

Greetings from Palestina

Installation, Video 1 Min, 2004

Claudia Aravena Abughosh filmt eine Straßenbarrikade in Bethlehem, die eine Zufahrtsstraße nach Jerusalem blockiert. Der Grenzbeamte verbietet Claudia Aravena Abughosh, die Straßenbarrikade zu filmen, worauf sie aus dem Hintergrund mit der Bitte »€œjust one picture« antwortet. Der Grenzsoldat bewacht die symbolische Ordnung des Ein- und Ausschließens und repräsentiert eine autoritäre staatliche Wächterposition der Verhinderung und Kontrollausübung. Das Filmen und die Bitte um »one picture« werden zur Geste des Widerstands, die das Aufnahme- und Ausschlussverbot subtil umgehen will. Die bewachte Mauer wird als Hindernis, das Sicherheit vortäuscht, in Wirklichkeit aber Unsicherheit repräsentiert, sichtbar gemacht.

Lebt und arbeitet in Santiago de Chile

www.claudiaaravenaabughosh.com


Silvia Beck

200X. Codename Viola

Installation, mixed media, 2010

Materialien von der Entstehung eines Films, wie Storyboards, Requisiten, Stuntfotos, Aufzeichnungen von Viola Kamp, das Buch zum Film, etc. verweisen auf einen Film, in dem Viola Kamp die Hauptrolle spielt. Um welchen ihrer Filme es sich handelt, bleibt jedoch unklar. Als Agentin und Actionheldin agiert sie undercover. Als Superheldin ist sie an Medienvorbilder, wie Lara Croft oder Trinity aus dem Film Matrix angelehnt und zitiert diese aus einer ironischen Distanz heraus. Professionell überwindet sie in ihren Darstellungen Hindernisse und Widerstände und tritt als fiktive Problemlöserin auf. ActionheldInnen werden eingesetzt, um Rollenmodelle vorzugeben, komplizierte Handlungsstränge durch Action zu ersetzen und Spannung als Effekt zu inszenieren. Nicht so bei Viola Kamp: Sie ist Akteurin in einem Spiel, das Widerstandsphantasien als ästhetisches Konstrukt inszeniert.  


Lebt und arbeitet in Berlin

www.silviabeck.de


Sylvie Boisseau & Frank Westermeyer

Chinesisch von Vorteil

Video, 2008, 40 min und 2 C-prints 24 x 17,8 cm

Sylvie Boisseau und Frank Westermeyer filmten in einer chinesischen Sprachschule in Stuttgart zwei unterschiedliche Klassen: Jugendliche mit chinesischem Migrationshintergrund, die ihre Muttersprache erlernen, und deutsche Erwachsene, die Mandarin als Fremdsprache erlernen.

Die KursteilnehmerInnen formulieren ihre Motive und Ziele, warum sie Mandarin lernen wollen: um die eigene deutschchinesische Identität besser definieren zu können, oder um neue Erfahrungen als AbenteurerIn, KulturtouristIn, aufstrebende/r UnternehmerIn, etc. zu sammeln. Sprachbarrieren sollen reduziert werden, um Verständnishindernisse abzubauen und Identifikation und Kommunikation zu ermöglichen. F (Frank Westermeyer) ist stiller Teilnehmer beider Klassen, der im Unterricht der deutschchinesischen Jugendlichen durch das Nichtverstehen das Fremde repräsentiert und in der deutschen Klasse durch das Nichtsprechen ebenfalls einen Außenstehenden darstellt. Er reagiert mit neutraler Mine oder Gesten der Zustimmung, leistet keinen Widerstand gegenüber dem Sprechen über ihn, ist Projektionsfläche für die TeilnehmerInnen und Symbol für den jeweils Anderen, der sich nicht über Sprachsysteme definieren kann.

Leben und arbeiten in Düsseldorf und Genf.

www.boisseauwestermeyer.com


Ronald Gerber

Meine Freunde sagen

DVD, 61min, 2007

Welche Argumente sprechen für und welche gegen eine Fortführung des Studiums der Medienkunst und einer anschließenden künstlerischen Laufbahn? Ronald Gerber trägt pro- und contra Argumente vor – beide Argumentation‍sreihen basieren auf den gleichen Fakten, einmal werden sie als karrierehinderlich und einmal als karrierefördernd dargestellt. Die unterschiedliche Sicht auf das eigene Leben reflektiert die Perspektive der Freunde und definiert durch die jeweilige Interpretation Hindernisse, Widerstände oder Erfolge. Ronald Gerber stellt die Frage nach dem Internalisierungsgrad der von außen herangetragenen Sichtweisen, die sich als Hindernisse oder Bestätigungen des Selbst manifestieren oder Widerstand provozieren können. Lebt und arbeitet in Leipzig

www.ronaldgerber.de


Nina Höchtl

Tales of protest. A necessity 

2009, 5-Kanal-Videoinstallation (á  5:57' min)

2008 beschäftigte sich Nina Höchtl im Rahmen eines Artist-in-Residence Aufenthalts in Belgrad mit dem ArbeiterInnenkampf in Zrenjanin. Die ArbeiterInnen von Jugoremedija kämpften 2 Jahre um ihre Fabrik und gegen die Privatisierung ihres Arbeitsplatzes. Sie lebten teilweise in der Fabrik, besetzten für 4 Monate das Rathaus von Zrenjanin, protestierten 3 Tage und Nächte vor der Agentur für Privatisierung in Belgrad, wurden von der Polizei und den privaten Sicherheitsbeamten geschlagen, verletzt und eingesperrt. In diesen zwei Jahren erhielten die ArbeiterInnen kein Gehalt und viele wurden von ihren Familien im Stich gelassen. Jugoremedija ist die erste Fabrik innerhalb der ehemaligen Ostländer, deren MitarbeiterInnen sich erfolgreich gegen neoliberale Privatisierungen durchsetzten und die Fabrik zurückerkämpft haben. Nina Höchtl mischt in ihrer Installation fiktionalisierte Interviews mit den ArbeiterInnen der Fabrik mit Ausschnitten von Sergei Eisensteins Film "Streik". Sie stellt Einzelpositionierungen des Widerstands aus dem Jahr 2008 Szenen eines kollektiven Widerstands aus dem Jahr 1929 gegenüber.Verfehlte Arbeitsmarktpolitik und Arbeitslosigkeit wird als immer wiederkehrendes Produkt ökonomischer und politischer Fehlentwicklungen sichtbar.

Lebt und arbeitet in Wien, Mexico City und London

www.ninahoechtl.org


Siniša Labrović

Postgraduate Education

Ratgeber, 2009
Originalzeichnungen von Igor Hofbauer

Sinišia Labrović nimmt in seiner Arbeit Bezug auf die postindustrielle Ratgeberliteratur inklusive Coachingkultur und die von der Gesellschaft geforderte Bereitschaft zu Flexibilität und Mobilität, um effizienter Hindernisse zu überwinden. Coachingkurse werden als Wundermethode der Hindernisüberwindung angepriesen. Stereotype Verhaltensregeln versprechen Erfolg in allen Lebensbereichen, sind in Wirklichkeit jedoch Normierungs- und Vereinheitlichungsmaßnahmen, die Widerstand eliminieren sollen. Sinišia Labrović leistet auf ironische Weise Widerstand gegen diese Leitlinien gesellschaftlicher Normierungen von Arbeits- und lebensregeln, indem er Anleitungen zu kriminellen Handlungen, wie z. B. Geldverleih mit Wucherzinsen gibt.

Lebt und arbeitet in Zagreb

www.labrovic.com


Angela Lubic

CONCERTINA 5660-99-285-3957

Wandobjekt, Nägel und Faden, 2010

In ihrer Nagelzeichnung zeigt Angela Lubic einen Stacheldraht, der als Absperrungsinstrument Ausgrenzung symbolisiert. Die Formbarkeit des Stacheldrahts ermöglicht anpassungsfähige Einsatzmöglichkeiten. In dieser Absperrungstechnik wird Raum als Barriereelement mit eingeschlossen, indem z.B. Spiralen oder Zylinder mit Stacheldraht geformt werden. "Concertina" ist der Produktname eines Stacheldrahts, der u.a. von der Nato verwendet wird und euphemistisch nach einem Akkordeon ähnlichen Musikinstrument benannt wurde, um Sicherheit und Unterhaltung zu suggerieren und seine reale Funktion marketingstrategisch zu verschleiern.

Der Stacheldraht trennt nicht nur geopolitische Zonen und Räume, sondern beansprucht auch Raum für sich selbst. Gesellschaftliche, soziale und ökonomische Zugangsmöglichkeiten werden durch Verbote und Barrieren im Sinne symbolischer Ordnungen reglementiert und definieren konkrete Lebensbedingungen.

Lebt und arbeitet in Berlin

www.angelalubic.de


Susanne Pittroff

Ebenengleich -UG

Bodenmuster, weiße Farbe, 2010

Susanne Pittroff nimmt Bezug auf den räumlichen Kontext des Ratskellers und dessen Barrieren für körperlich beeinträchtigte Menschen. Die architektonischen Barrieren erfordern für Rollstuhlfahrer einen Umweg, der in den Hof führt, von wo aus man in das Souterrain der Galerieräume gelangen kann. Susanne Pittroff übernimmt das Muster des Bodens, das sich zwischen Aufzug und Galerie befindet, und überträgt das Schachbrettmuster auf den Pflasterboden vor dem Haupteingangsbereich. Das Schachbrettmuster symbolisiert den behindertengerechten Zugang und wird von unten nach oben transferiert, um Raumebenen als Barrieren sichtbar zu machen. Was sind die Bedingungen von Zugangsmöglichkeiten oder -berechtigungen?

Wand aus Atem

DVD, 5:37 min, 2010, Text: Dagmar Schott

In dieser Arbeit zeigt Susanne Pittroff das vermummte Gesicht einer jungen Frau, die frontal aufgenommen ist. In das Bild werden kurze Statements eingeblendet, die subjektive Befindlichkeiten im Moment vor und während einer Widerstandsaktion wiedergeben. Befindlichkeiten, die Einblicke hinter die Maske gewähren, durchbrechen die Anonymität der Maskierung, indem emotionale Barrieren, wie Angst, als solche benannt werden.

Lebt und arbeitet in München und Berlin

www.susannepittroff.de


Sandra Schäfer mit Elfe Brandenburger

The Making of a Demonstration

Video, 2004, 10 min

2002 nahm Sandra Schäfer an den Dreharbeiten des Spielfilms Osama von Siddiq Barmak teil. Osama ist der erste afghanische Spielfilm, der nach dem Sturz des Taliban-Regimes gedreht wurde. Am ersten Drehtag wurde die Rekonstruktion einer Demonstration von Frauen gegen die Einführung des Arbeitsverbots für Frauen durch das Taliban-Regime gedreht. Über 1.000 Frauen waren gekommen, um dabei als Statistinnen mitzuspielen. Das Demonstrieren wurde geübt und die Darstellerinnen wurden aufgefordert sich an ihre Erlebnisse aus der jüngst zurückliegenden Taliban-Zeit zu erinnern. Viele der Darstellerinnen nahmen an der Demonstrationsszene teil, weil die Forderung nach Arbeitsmöglichkeiten ihrer realen Situation entsprach. Die beiden Künstlerinnen zeigen diese Demonstrationsszenen inklusive Regieanweisungen und Wiederholungsanleitungen. Produktionstechnische Prozesse werden am Beispiel der Einübung einer Demonstrationsszene sichtbar. Reale und fiktive Wirklichkeitsebenen werden vermischt: einerseits bietet die inszenierte Demonstration ein geschütztes Forum für reale Widerstandswünsche und anderseits wird dieser inszenierte authentische Widerstand zum Anlass für die Künstlerinnen, die realen Bedingungen des Widerstands von Frauen während des Taliban-Regimes zu erforschen. In dem daraus entstandenen Film "Passing the Rainbow" werden wiederum reale Strategien des Widerstands mit fiktiven Elementen vermischt, u.a. um die Darstellerinnen vor Repressionen zu schützen.

Leben und arbeiten in Berlin

www.mazefilm.de, www.teampingpong.org


Bianca Tschaikner

Wir sind die Zukunft

Digitale Zeichnung, 420 x 297 mm, 2009

Bianca Tschaikner fertigte Illustrationen für das Malmoe Magazin an, das sich in seiner Ausgabe Nr. 49 der Protestbewegung der österreichischen StudentInnen widmete, die im Herbst 2009 für eine freie und bessere Bildung kämpften. Der Widerstand gegen ein verschultes und nicht ausreichend dotiertes Bildungssystem kann paradigmatisch als generelle Unzufriedenheit der Bevölkerung gesehen werden, gegen Hindernisse – die bewusst vom zuständigen Ministerium eingesetzt oder ignoriert werden – zu protestieren. Bildung wird als wichtigstes Investitionsmittel für die Zukunft eines Landes rhetorisch beschworen, in Wirklichkeit jedoch werden Universitäten verschult, Zugänge beschränkt und Institute weder den StudentInnenzahlen angepasst noch mit den erforderlichen Technologien ausgestattet. Gegen dieses Elitisierungsprogramm innerhalb der Universitäten aber auch innerhalb der Gesellschaft rebellierten die StudentInnen.

Lebt und arbeitet in Wien

www.biancatschaikner.com